Breisgau-S-Bahn Vertrauen weg

Das Vertrauen der Bevölkerung im Nutzungsbereich der S-Bahn ist durch den chaotischen Start und die späte Reaktion der Verantwortlichen massiv verloren gegangen. Als Nutzer wird man bald wahnsinnig, wenn man nicht weiß, wann man in die Stadt und wieder nach Hause kommt. Ein solches Ergebnis ist ein Offenbarungseid für den mit viel Vorschusslorbeeren präsentierten S-Bahn-Betrieb.
Es darf die Frage gestellt werden, in welcher Form man während der jahrelangen Vorbereitung den „Flügel- und Kopplungsbetrieb“ anhand von realistischen Planspielen und mit Einbeziehung von praxiserfahrenen Kollegen geübt hat. Das Prinzip ist gut – aber nur für die Modellbahn. Jedenfalls funktioniert im Alltag der Betrieb nicht so, weil die Fahrzeiten zu unrealistisch, die Zu- und Aussteigezeiten im Stoßbetrieb nicht zu halten sind und der Kupplungsbetrieb noch keine zuverlässigen Ergebnisse gezeitigt hat. Die Problematik mit einer Tür pro Waggonteil wurde schon lange im Vorfeld des Betriebes angesprochen, aber nicht ernst genommen.

Betrachtet man die Kupplung, fällt auf, dass sie mit keinerlei Schutzvorrichtung vor Schmutz, Eis und Schnee versehen ist. Die Kupplung erfüllt nicht nur einen mechanischen Zweck, sondern beinhaltet auch Steuer- und Funktionsverbindungen von Zug zu Zug. Da drängt sich die Frage auf, ob ausreichend Erprobungen unter widrigen Wetter- und Belastungsbedingungen erfolgt sind?
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Auch bei der Fahrwegplanung sind gravierende Fehler begangen worden. Statt die Hauptachse West-Ost zweigleisig auszubauen, hat man Chancen für den Ausbau verpasst und sich auf den störanfälligen Eingleisbetrieb mit Ausweichmöglichkeiten – soweit vorhanden – abgestützt. Zwischen Freiburg und Gottenheim gibt es keine Ausweichstelle. Gleichwohl lag aber über Jahre in Hugstetten ein Stutzengleis, angebunden mit einer Weiche Richtung Freiburg. Man hätte nur eine Weiche Richtung Gottenheim einbauen müssen und eine Ausweichmöglichkeit wäre entstanden. Es ist nicht nachzuvollziehen, wieso just dieses Gleis entfernt wurde.
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Mir tut das Betriebspersonal leid, weil es im Alltag oft unberechtigt beschimpft und beleidigt wird. Es ist mir bekannt, dass Triebfahrzeugführer schon in Zivil zum Dienst erscheinen, damit sie nicht als Eisenbahner erkannt werden. Dabei versuchen teilweise Zugbegleiter und Triebfahrzeugführer dennoch, durch freundliche Ansagen die häufig orientierungslosen Fahrgäste in die richtige Richtung zu bringen. Es ist auch bitter nötig, weil nicht selten die Angaben im Fahrplan, auf dem Zugzielanzeiger, auf dem Zug selbst und auf der App Streckenagent nicht übereinstimmen.
Das Verkehrsministerium und der Verkehrszweckverband ZRF müssen mit Vorrang das Millionenprojekt neu aufsetzen. Sie haben eine gesellschaftspolitische Fürsorge zu erfüllen und müssen mit allem Nachdruck nach praktikablen Lösungen suchen, das sind sie der Bevölkerung und der Umwelt schuldig.
29.1.2020, Johannes Reiner, Bötzingen

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