BLHV-Kreischef Friedbert Schill zum steigenden Getreidepreis

BZ: Herr Schill, Sie verarbeiten selbst Mehl zu Brot. Ist damit zu rechnen, dass die Brotpreise steigen?
Friedbert Schill, BLHV: Was wir für unser Produkt verlangen, ist das Ergebnis einer Kalkulation, die viele Kostenaspekte erfasst und mir und meiner Familie eine angemessene Entlohnung erlaubt. Der Anteil, der beim Brotpreis auf den Rohstoff Getreide entfällt, ist jedoch relativ gering. So ist es auch im Handwerk und in der Lebensmittelindustrie.
BZ: Die Akteure dieser Branchen kündigen aber heftige Preiserhöhungen an.
Schill: Mit der Getreidepreissteigerung allein lässt sich das nicht rechtfertigen. Denn der Mehlpreis spielt keine große Rolle für das Endprodukt. Ich denke, der Getreidepreis liefert der Branche einen Grund, die allgemeinen Kostensteigerungen weiterzureichen. Die Energiepreiserhöhung und Lohnzuwächse auf den einzelnen Wertschöpfungsstufen wirken sich weit stärker aus.
BZ: So oder so: Getreide ist weltweit knapp geworden und das bewirkt für die Landwirte eine kräftige Erlössteigerung. Ist das nicht ein Grund zur Freude?
Schill: Klar, das ist für uns Bauern zunächst mal richtig gut. Aber es ist nicht so, dass ein Getreide- oder Maiserzeuger in Deutschland derzeit Wohlstand anhäufen kann. Aktuell erlöst Winterweizen 24 bis 26 Euro je Dezitonne (100 Kilogramm, Anm. der Red.). Das ist immer noch weniger als in den 70er Jahren.
BZ: Aber sind nicht auch die Erträge gestiegen?
Schill: Sicher, aber auch die allgemeinen Produktionskosten. Der Dieselpreis beispielsweise hat sich seit 1974 fast verdreifacht. Die ständig steigenden Energiepreise haben auch die anderen Betriebsmittel verteuert, vor allem Dünger. Sie stecken auch in den Investitionskosten für Maschinen und Geräte.>BZ: Aber ist es nicht so, dass neuerdings viele Landwirte genau davon profitieren?>Schill: Sicher, viele Kollegen produzieren heute Strom mit Solaranlagen. Und wer Wald besitzt, kann Brennholz oder Hackschnitzel verkaufen. Und auch für Landwirte werden sich Potenziale eröffnen dadurch, dass es jetzt leichter wird, Windenergieanlagen zu planen.
BZ: Nützt den Betrieben die Nachfrage nach Ackerpflanzen für Biogasanlagen?
Schill: Auch das, wobei die energetische Nutzung von Getreide oder Mais in unserer Region untergeordnet ist. Es gibt einfach viele andere Möglichkeiten mit landwirtschaftlichen Kulturen ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, etwa mit Feldgemüse, Wein oder Obst. Eine große Bedeutung hat auch die Saatmaisproduktion.
BZ: Die Diskussion, ob es angesichts der Nahrungsmittelknappheit weltweit vertretbar ist, Getreide so zu verwerten, ist entbrannt. Was halten Sie davon, Ackerfrüchte zu Treibstoff zu verarbeiten oder durch Biogasanlagen zu jagen?
Schill: Landwirte waren auch früher schon Energieproduzenten.
BZ: Wie das?
Schill: Bevor es Schlepper gab, hat jeder Betrieb einen Teil seiner Futter- und Getreideproduktion für die Zugpferde und -ochsen erzeugt. Ein weiteres gängiges Erzeugnis war Mohnöl für Lampen.
BZ: Dann ist es aus Ihrer Sicht nicht befremdlich, Feldfrüchte energetisch zu verwerten?
Schill: Nein, aber ich persönlich meine, dass die aktuelle Gesetzgebung zu überdenken ist. Bereits vor vier Jahren haben wir bei der Jahresversammlung des Kreisverbands aufgezeigt, dass es nicht wirklich umweltfreundlich ist, so Energie zu erzeugen. Man muss genau hinschauen, wie viel Primärenergie in die Produktion und in den Transport gesteckt wird und was am Ende dabei rauskommt. Auch sind die negativen Folgen für die Humusversorgung der Böden zu berücksichtigen. Bei der energetischen Nutzung wird das gesamte organische Material vom Feld geräumt, beim Drusch für die Nutzung als Lebensmittel bleibt das Stroh zurück.
BZ: Ein Teil Ihrer Berufskollegen sieht das offenbar anders. Sonst wären die Biogasanlagen ja nicht ins Laufen gekommen.
Schill: Der einzelne Landwirt entscheidet danach, was für seinen Betrieb sinnvoll ist, damit er ein ökonomisch nachhaltiges Einkommen erzielen und regelmäßig investieren kann. Wenn der gesetzliche Rahmen und das wirtschaftliche Umfeld so gestaltet sind, dass es attraktiv ist, für eine Biogasanlage zu produzieren, oder gar selbst eine zu betreiben, werden Betriebe das auch machen. Für mich aber kommt diese Produktion nicht in Frage. Auch deshalb nicht, weil ich unabhängig sein will. Die Energiepolitik ist voller Unwägbarkeiten. Wer sagt mir, welche Klientel oder Bevölkerungsgruppe die Mandatsträger übermorgen befriedigen wollen. Da kommt auf einmal wieder eine Gesetzesänderung und schon hat das Einkommenspotenzial seine Grundlage verloren.
BZ: Und was machen Sie mit Ihrer Produktion?
Schill: Wir kultivieren nach den Regeln der organisch-biologischen Wirtschaftsweise Getreide und Soja in einer vielgliedrigen Fruchtfolge. Die Erzeugnisse werden in der Region vermarktet, über die Dachswangermühle in Umkirch. Soja beispielsweise wird an die Freiburger Firma Taifun geliefert, die Tofuprodukte daraus herstellt.
Silvia Faller, 30.8.2012

 

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