Big Nudging – Buerger schubsen

Sortieren sich bei Edeka die Regale neu, wenn Claudia Roth anstelle von mir den Einkaufswagen vorbeischiebt? Das ist Science-Fiction, im Gegensatz zu Amazon, wo die Produktempfehlungen schon lange individualisiert sind. Amazon oder Google präsentieren uns im Internet genau die Produkte, für die ihr Algorithmus (der geheim bleibt) eine hohe Kaufwahrscheinlichkeit feststellt. Der Kunde erhält einen Schubs (engl. nudge), um „das Richtige“ zu kaufen – diese Verhaltensbeeinflussung nennt man „Nudging“.
Um jemanden zu manipulieren, muß man ihn gut kennen: Wie erfährt man seine Präferenzen, Schwächen, Ansichten, Angewohnheiten, Überzeugungen und Wünsche? Indem man „Big Data“ anzapft, die Datenkraken, die uns am PC bzw. Smartphone so freundlich begleiten und große Datenmengen sammeln und auswerten. Und schon sind wir bei „Big Nudging“ als die auf personenbezogenen Daten basierende Verhaltensbeeinflussung.
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„Big Nudging“ betreiben nicht nur Internetkonzerne Google, Amazon, Facebook, eBay & Co mit ihren Kunden, sondern auch Staaten mit ihren Bürgern. Das Problem ist Verhältnis von Bürger und Staat:
Einerseits akzeptieren zu viele Menschen einen Staat als Herr, Behüter, Erzieher, Sozialunterstützer und Versorger – Deutschland als Wohlfahrtsstaat steht da ganz oben.
Andererseits meinen Politiker und NGOs, sie hätten Recht und Pflicht, unser Verhalten zu beeinflussen. Im „Digitalen Manifest“ (s.u.) heißt es treffend:
„Der neue, umsorgende Staat interessiert sich nicht nur dafür, was wir tun, sondern möchte auch sicherstellen, dass wir das Richtige tun.“
Lesen Sie diesen Satz ruhig mehrmals durch – es ist ungeheuerlich: Der Staat als unser Erzieher, Lenker, Lehrmeister und Bevormunder. Bundeskanzlerin Merkel’s pädagogischer Tip „Gaubet denen nicht ….“ mitsamt der vorgegebenen Alternativlosigkeit passt hierher.
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Mit den Methoden des Big Nudging werden wir von Unternehmen als Kunde und vom Staat als Bürger beständig berieselt mit News, Botschaften und Tips für Produkte, Informationsangebote oder Aktivitäten – wir erhalten individuell optimierte Schubse hin zu mehr Bewegung, „Obst statt Süßigkeiten“, Mülltrennung, Meinungsäußerung gemäß Political Correctness, Vermeidung von Drogenkonsum, Verzicht auf Salz, Organspendeausweis oder ehrenamtliches Engagement. Das Schlimme dabei: Nudging macht die Demokratie kaputt und ist ein Feind der direkten Demokratie! Denn Demokratie lebt von mündigen Bürgern, nicht von angeschubsten Untertan.
20.6.2016

Big Data und der Hang zur Volkserziehung
„Big Nudging beruht auf einer doppelten Missachtung der Privatsphäre: zunächst durch die Erfassung personenbezogener Daten und sodann durch die Intervention zur Beeinflussung persönlicher Präferenzen. Entsprechend ist doppelter Widerstand gefordert: Widerstand gegen den Zugriff auf personenbezogene Daten und Widerstand gegen die datentechnische Manipulation der individuellen (Online-)Lebenswelt. Gefordert ist also in allererster Linie Datenschutz. Je erfolgreicher die Erfassung und Speicherung von persönlichen Daten verhindert werden kann, desto weniger Ausgangsmaterial fürs Big Nudging ist vorhanden“….. Alles vom 18.6.2016 bitte lesen auf
https://www.achgut.com/artikel/big-data_und_der_hang_zur_volkserziehung
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Nudging ist ineffektiv und es bestehe Gefahr, mehr falsch als richtig zu machen
„Obwohl bereits 90 Länder Nudging verwenden, haben die gesellschaftlichen Probleme nicht abgenommen. Im Gegenteil. Die Klimaerwärmung schreitet ungebremst voran. Der Weltfrieden ist brüchig geworden…“. Dirk Helbing, Professor für Computational Social Science an der ETH Zürich, 12.11.2015:
https://www.spektrum.de/news/big-nudging-zur-problemloesung-wenig-geeignet/1375930

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