Beschneidung von Jungen ist Koerperverletzung – Gerichtsurteil

Wohl zum ersten Mal hat ein deutsches Strafgericht die Beschneidung eines Jungen als strafbare Körperverletzung eingestuft. Gegen das Urteil des Landgerichts Köln sind keine Rechtsmittel mehr möglich. Die Beschneidung von Jungen, wie sie im Islam oder im Judentum üblich sind, ist nach einem Urteil des Kölner Landgerichts eine strafbare Handlung –  schwerer als die Religionsfreiheit wiegt demnach das Selbstbestimmungsrecht des Kindes. Die Baden-Württembergische Integrationsministerin Bilkay Öney stellt sich dagegen und forderte eine „konstruktive Lösung, die diesen uralten jüdischen und muslimischen Brauch legalerweise ermöglicht“. Damit stellt sich die Ministerin auch gegen den Kinderschutzbund, der dieses Urteil vehement begrüßt; Landeschefin Iris Krämer betonte, Kinder hätten das Recht auf körperliche Unversehrtheit und nennt die Beschneidungen einen Verstoß gegen Kinderrechte. 

Juristisch ist jeder ärztliche Eingriff eine Körperverletzung
Rechtlich gesehen stellt jeder ärztliche Eingriff eine Körperverletzung dar, die nur straflos bleibt, weil der Patient in die Behandlung einwilligt. Im Fall der religiösen Beschneidung kommt die Einwilligung von den Eltern. Diese allerdings, fefindet nun die Kammer des Landgerichts Köln, sei nicht wirksam, weil sie dem Wohle des Kindes entgegenstehe. Das kindliche Recht auf körperliche Unversehrtheit sei höher zu bewerten als das Sorgerecht und die Reliogionsfreiheit der Eltern.

Beschneidung bei Youtube anschauen
… einfach mal eine Beschneidung z.B. bei Youtube ansehen und dazu das Lied von Bettina Wegner anhören (Kinder). Ich denke die Diskussion wird dann recht kurz. Diese richterliche Entscheidung war längst überfällig und für die Genitalverstümmelung von Frauen müsste noch ein Strafmaß erfunden werden. Glauben entsteht im Herzen oder im Bewusstsein und nicht in der Vorhaut – wer hier den Glauben als Rechtfertigungsgrund vorschiebt muss bestraft werden.
Matthias Stulz, 27.6.2012

Doppelmoral
Die Dame Bilkay Öney ist eben Integrationsministerin und nicht Integritätsministerin. Als einer der Redakteure der Seite www.beschneidung-von-jungen.de kann ich mich nur wundern über die, wider alle Vernunft und Wissen, dargestellten „Vorteile“ der Beschneidung. Aber – nicht genug – jetzt muss die Religionsfreiheit erhalten, um diesen unsinnigen Brauch aufrechtzuerhalten. Welche Freiheit ist eigentlich gemeint, die der Eltern oder die des Kindes?
Und warum diese Doppelmoral? Bei der weiblichen Beschneidung fallen diese „Argumente“ gänzlich flach, obwohl sie ebenso religiöser und traditioneller Motivation entspringt. Es kommt Wind in die Diskussion und das alleine ist gut!
Guy Sinden, 28.6.2012

Kein Ritual – Beschneidungsindustrie
Die Beschneidung wird als Ritual eindrücklich dargestellt, doch verharmlosend in der Wirkung. Es wird behauptet, es gebe keine Kontroverse über die Beschneidung von Jungen. Dies stimmt vielleicht für die Türkei. Schon für Israel ist das falsch, da eine zunehmende Zahl moderner Eltern sich gegen die kulturell verordnete Beschneidung ihrer Söhne ausspricht. Und in vielen westlichen Gesellschaften (USA) gibt es Initiativen dagegen, denn Beschneidungen werden von einer regelrechten Beschneidungsindustrie durchgeführt.
16.6.2012, Claudia Rohde, Buchheim

Juristische Diskussion seit 2008
Prof Holm Putzke, Uni Passau, hat in 2008 die juristische Diskussion um die Strafbarkeit ritueller Beschneidungen angestoßen: Während jede Ohrfeige Gegenstand juristischer Eröfterungen ist, hat sich kein Mensch darüber Gedanken gemacht, dass Kindern durch die Beschneidung „irreversibel Körpersubstanz entfernt und teilweise erhebliche Schmerzen zugefügt“ werden.

Verein „Ben Schalem – intakter Sohn“ setzt sich seit 15 Jahren in Israel gegen die Beschneidung ein
Für den israelischen Autor Meir Schalev bleibt der Ritus ein Rätsel: „Warum bestehen freie, säkulare Juden darauf, ausgerechnet dieses brutale, grausame und primitive Gebot einzuhalten?“
Eran Sadeh, Tel Aviv: „Meine Freunde essen Schweinefleisch und halten den Schabbat nicht ein. Aber sie sind überzeugt, dass sie ein Stück vom Penis ihres Sohnes abschneiden müssen, damit ihr Sohn Jude ist.“

Grundgesetz verbietet Genitalverstümmelung
Dieses Urteil war überfällig! Warum darf der Staat per Rechtsordnung die Beschneidung von Mädchen aus nichtmedizinischen Gründen unter Strafe stellen und die Beschneidung von Jungen nicht? Soll es bei der Rechtsgüterabwägung etwa auf die Schwere des Eingriffs bzw. möglicher Komplikationen ankommen dürfen? 
Dabei ist Genitalverstümmelung (auch die von Jungen, denn nichts anderes ist eine Beschneidung) – eigentlich schon immer (wenn auch „versteckt“) laut GG verboten:
„Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.“
„Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden.“
Diese Aussagen im Grundgesetz zu entdecken ist gar nicht so einfach. Sie finden sich nämlich in Artikel 136 der Weimarer Reichsverfassung von 11.August 1919 – und dieser Artikel ist als fortgeltendes Recht Bestandteil des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland geworden, nachzulesen in Artikel 140 GG.“
Torsten Herwig, 29.6.2012

 

Rabbiner verschärfen Kritik am Beschneidungsurteil
„Sollte das Urteil Bestand haben, sehe ich für die Juden in Deutschland keine Zukunft“: Pinchas Goldschmidt, Präsident der europäischen Rabbiner, hat das Urteil zur Strafbarkeit von Beschneidungen kritisiert. Zuvor hatte er vom „vielleicht gravierendsten Angriff seit dem Holocaust“ gesprochen.

Alles von DER SPIEGEL vom 12.7.2012 bitte lesen auf
https://forum.spiegel.de/f22/religionsfreiheit-rabbiner-verschaerfen-kritik-beschneidungsurteil-65775.html#post10543074

Herabwürdigung der Opfer
Es handele sich um den „vielleicht gravierendsten Angriff auf jüdisches Leben in Europa nach dem Holocaust“.“
Dieser Ausspruch von Rabbiner Goldschmidt ist wohl die schlimmste Herabwürdigung der Opfer und deren Leiden des Holocaust. Zudem ist das Gerichtsurteil kein Angriff auf jüdisches Leben, sondern Schutz des Lebens jüdischer Kinder.
Berteb, 12.7.2012

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