Bauernhof und Denkmalschutz

Alte Höfe prägen das Landschaftsbild des Schwarzwalds und sind beeindruckende Zeugen einer Jahrhunderte alten bäuerlichen Baukultur. Das Netzwerk von Hofeigentümern im Naturpark Südschwarzwald macht sich für den Erhalt und die behutsame Sanierung dieser Höfe stark, denn viele stehen leer und sind vom Verfall bedroht. Diese Frage wurde bei einer Besichtigung des Kleisermartinshofs in Titisee-Neustadt diskutiert, zu der das Netzwerk eingeladen hatte.

Der Kleisermartinshof liegt auf gut 900 Metern Höhe im Spriegelsbachtal, einem offenen Hochtal zwischen Titisee und Neustadt. Schon vor dem Jahr 1620 gab es den Hof nachweislich. Der klassische Schwarzwälder Eindachhof, wie er heute da steht, datiert aus dem Jahr 1729. Der Kleisermartinshof soll der erste Hof im Schwarzwald sein, der in Längsrichtung parallel zum Tal errichtet wurde. Zuvor hatte man die Höfe mit bergliegendem Wohnteil gebaut, um den Wohnteil vor Wärmeverlust zu schützen. „Wir haben eigentlich immer irgendwo umgebaut oder saniert. Das war die ganzen Jahrhunderte so, seit es den Hof gibt“, sagte Eugen Ketterer, der mittlerweile der 19. Bauer auf dem Hof ist und ihn seit 1976 im Vollerwerb bewirtschaftet. Mit seinem jüngsten Sohn Jens steht schon die 20. Generation bereit und will weitermachen.
Egal, was der Grund für Umbauten und Sanierungen war, eines war über die Jahrzehnte gewiss: Konflikte mit der Denkmalpflege waren programmiert. Mal machte der Sturm Lothar im Jahr 1999 eine Dach- und Dachstuhlsanierung erforderlich. Ein anderes Mal waren es landwirtschaftliche Erfordernisse, die Anpassungen im Stall oder in der Scheune notwendig machten. Landwirt und Denkmalpflege kamen selten zusammen, zu unterschiedlich waren die jeweiligen Ziele. Wollte das Denkmalamt die typischen Bauelemente des Schwarzwaldhofes erhalten, musste der Landwirt Arbeitstechniken und Maschineneinsatz verändern, um den Vorgaben zu entsprechen – und vor allen, um wirtschaftlich erfolgreich Landwirtschaft betreiben zu können. Ketterer zeigte der Besuchergruppe die Scheune. Die Denkmalpflege hatte vorgeschlagen gehabt, ihren Dachstuhl zu sanieren, um möglichst viel Originalsubstanz zu erhalten. Ketterer wollte auf Anraten des Zimmermanns den Dachstuhl erneuern. Nach längeren Diskussionen tat Eugen Ketterer genau das – ohne Zuschüsse der Denkmalpflege. Den Heukran wollte die Denkmalpflege erst gar nicht genehmigen. Ketterer setzte sich durch. Und musste dennoch einen Kompromiss machen: Er hätte den Heukran gerne zwei Meter höher gesetzt, dann wären die Arbeitsabläufe effektiver zu gestalten gewesen. Doch die zwei Meter gibt die Scheune nicht her.

Hier steht der neue Stall separat: der Kreuzhof von Eugen Tritschler. Andere haben alte und neue Gebäude zusammengebaut. Foto: Gabriele Hennicke

Moderne Milchwirtschaft funktioniert nicht im alten Hof
„Bis in die 90er Jahre hat man immer versucht zu beweisen, dass Landwirtschaft in alten Schwarzwaldhöfen funktioniert“, sagte Christian Lehmann aus St. Georgen, der Zimmermann und Restaurator von Beruf ist und selbst von einem großen Schwarzwaldhof stammt. „Erst seit fünf bis zehn Jahren besteht Einigkeit darin, dass im historischen Schwarzwaldhof keine moderne Milchviehhaltung geht“, betonte er. Die moderne Landwirtschaft stelle Anforderungen an die Gebäude, die der Schwarzwaldhof nicht hergebe, darin waren sich viele der Besucher einig. it den Auflagen der Denkmalpflege erst recht nicht. Diese berücksichtige die Erfordernisse der Landwirtschaft viel zu wenig, lautete der Vorwurf. „Wie es in der Scheune aussieht, spielt doch keine Rolle, Hauptsache der Schwarzwaldhof ist noch da“, meinte Landwirt Eugen Ketterer. Lehmann sprach gar von einem „zerrütteten Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Denkmalpflege“.

Eugen Ketterer führte die Besucher in den Kuhstall. Der zwei Meter hohe Stall ist ein klassischer Anbindestall. Hier stehen und liegen die 35 Milchkühe, hier werden sie gefüttert, hier wurden sie bis vor kurzem gemolken. Eng und dunkel und umständlich zu wirtschaften ist es im Stall. 2013 hat Eugen Ketterer deshalb einen neuen Laufstall mit Liegeplätzen und einem neuen Melkstand mit sieben Plätzen gebaut. Altstall und Neustall sind miteinander verbunden, die Kühe können sich im gesamten Stall bewegen. Der Neubau wurde als Liegehalle direkt an den historischen Hof angebaut. 2012 habe ich die Überprüfung der Denkmaleigenschaft beantragt, weil ich wissen wollte, was geht“, berichtete Eugen Ketterer. „Bis heute hat sich keiner von der Denkmalpflege bei mir sehen lassen.“ Ketterer hat dann einfach gebaut. Zuvor hat er einige Höfe besucht und geschaut, welche Lösungen dort gefunden worden waren. Der Bezirksvorsitzende des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands, Eugen Tritschler, der ebenfalls anwesend war und ganz in der Nähe lebt, hat den neuen Stall neben seinen Hof gebaut. Eine Lösung, die viele wählen, die aber nicht für alle passt.

Petra Wichmann vom Fachbereich Denkmalpflege des Freiburger Regierungspräsidiums hat an diesem Nachmittag keinen leichten Stand. Dabei ist sie für die Beratung der Landwirte gar nicht zuständig. Sie begleitet vielmehr das Netzwerk und ist hier quasi privat dabei. „Es gibt ein Arbeitsheft der Denkmalpflege mit dem Titel ’Schwarzwaldhöfe von gestern für die Landwirtschaft von heute’ aus dem Jahr 1986“, sagte sie. „Diese Arbeitshilfe bedürfte dringend einer Neuauflage unter Berücksichtigung der heute relevanten Fragestellungen und der Anforderungen der beteiligten Behörden.“ In einem solchen Arbeitsheft könnten gelungene Beispiele gesammelt und zur Verfügung gestellt werden, meint sie. Eugen Ketterers Lösung für den Neubau findet sie gar nicht schlecht, hätte sich aber eine Versetzung des Melkstandes um einige Meter gewünscht, dann wäre die historische Substanz des Wohnteils nicht angegriffen worden.

Das Netzwerk von Hofeigentümern regte an, vor Umbauten an historischen Schwarzwaldhöfen eine Art runden Tisch der beteiligten Fachleute und Behörden auf dem Hof einzuberufen. Das wäre eine gute Sache, meinten die Besucher des Kleisermartinshofes. Nur wer soll diesen runden Tisch einberufen und dessen Arbeit koordinieren?
17.9.2014, Gabriele Hennicke

Netzwerk von Hofeigentümern zur Erhaltung von Landschaft und Ortsbild prägenden Schwarzwaldhöfen
Helmut und Friedgard May, Blasiwald,  Tel 07656/ 988863,
friedgard.may@t-online.de
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