Andlausches Haus – Baustop

Das Andlausche Haus in der Herrenstrasse 33 galt als eines der schönsten Bürgerhäuser der Altstadt. Bei der Bombardierung von Freiburg am 27.11.1944 wurde es komplett zerstört. Seither liegt das Trümmergrundstück hinter dem Münster brach bzw. als Autoabstellplatz genutzt. Nun wollte das Ordinariat das Gebäude wieder aufbauen, nicht protzig, sondern denkmalgerecht. Aber am 27.11.2013 wurde dieser Wiederaufbau abgesagt.  

 

Bloß kein Limburg
Das Andlausche Haus in Freiburgs Altstadt wird vorerst nicht wieder aufgebaut. Das hat das Ordinariat gestern überraschend mitgeteilt. Die Bistumsleitung habe mit Blick auf die aktuelle Stimmungslage entschieden, das Millionenprojekt neben dem Bischofssitz vorerst zu stoppen. ….
Alles vom 27.11.2013 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/freiburg/bloss-kein-limburg–77689905.html

Das Andlausche Haus
1787 errichtete Baumeister Johannes Wirth an der Herrenstraße hinter dem Münster ein stattliches Wohngebäude für den Freiherrn Philipp Heinrich von Pfirt. Es zählte zu den bedeutendsten frühklassizistischen Profanbauten Freiburgs. Die Grafen von Andlau oder Andlaw kauften das Anwesen im Jahr 1820. Mitglieder der Familie spielten sowohl in der Verwaltung Vorderösterreichs als auch später in der badischen Regierung eine herausgehobene Rolle. Finanznöte zwangen zum Verkauf des Gebäudes in Freiburg. Die Erzdiözese erwarb es im Jahr 1925 für 125 000 Mark. In der Bombennacht am 27. November 1944 wurde das Haus zerstört. Der Steinbrunnen mit dem Wappen der Freiherren von Pfirt und der Jahreszahl 1755 blieb unversehrt und wurde später im Hof der Fachschule für Sozialpädagogik der Erzdiözese an der Händelstraße in Herdern aufgestellt. Das Trümmergrundstück wurde zum Parkplatz.

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Neubau als kulturelle Aufgabe
Es geht dabei um eine vernünftige Stadtplanung und Denkmalpflege mit dem Ziel, eine hässliche Baulücke „artgerecht“ zu schließen. Deshalb wäre es wohl ein Treppenwitz, wenn auf dem teuersten Parkplatz der Stadt ein Asylbewerberheim errichtet würde, wie es Herr Scheer anmahnt. Nun ist die Baugrube ausgehoben und das Projekt gestoppt. Wer A sagt, sollte auch B sagen. Gerade in Lichte der Verschwendung im Bistum Limburg stünde es dem hiesigen Erzbistum gut an, uns Kirchensteuerzahlern den Neubau des Andlauschen Hauses überzeugend als kulturelle Aufgabe und als Aufwertung des Stadtbildes vorzustellen, statt ängstlich einer „Limburger Diskussion“ auszuweichen. Möge es stattdessen eine „Freiburger Diskussion“ geben! Immerhin wurde bereits so viel Kies aufgewirbelt, dass inzwischen dem Hause ein Artikel in der Wikipedia gewidmet wurde.
22.12.2013, Manfred Höfert, Freiburg

Mehr Bescheidenheit bei Bauvorhaben
Nun soll also das Andlausche Haus in absehbarer Zeit nicht wieder aufgebaut werden. Dies ist sehr zu bedauern, weil damit ein weiteres Schmuckstück der im Zweiten Weltkrieg und in den 60er und 70er Jahren schwer zerstörten Stadt nicht wieder erbaut wird. Aber nach der Limburger Affäre und der darauf folgenden wochenlangen Hetzjagd durch die Medien nicht nur auf den verantwortlichen Bischof, sondern auf die gesamte katholische Kirche, hat wohl die zuständigen Gremien nun der Mut verlassen. Um nicht missverstanden zu werden:Die Hintergründe der Kostenexplosion in Limburg müssen untersucht werden und eventuelles Fehlverhalten muss Konsequenzen haben. Was ich vermisse, sind Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung bei der Berichterstattung und der Kommentierung. Wo bleibt der wochenlange Aufschrei der Gesellschaft und der Medien bei der Verschleuderung von Hunderten von Millionen Euro beim Bau der Elb-Philharmonie in Hamburg, der Vernichtung von zig-Milliarden an Steuergeldern beim Bau des Flughafen in Brandenburg (allein die Aufrechterhaltung des Status Quo erfordert einen zweistelligen Millionenbetrag im Monat)? Aber wir brauchen gar nicht in die Ferne schweifen. Nachdem der mehrere Millionen teure Bau der Universitätsbibliothek schon nach weniger als 40 Jahren abgerissen werden musste, ist ein neuer Protzbau errichtet worden. Im Zuge der Neugestaltung des Rotteckrings (auch im Bereich von 70 Millionen Euro) soll der Platz vor der Synagoge mit südvietnamesischen Steinen zugepflastert werden (Green City?). Der erste von drei Bauabschnitten des neuen Rathauskomplexes ist mit 72 Millionen Euro prognostiziert und all dies bei fortlaufender Neuverschuldung von Stadt, Land und Bund trotz Steuereinnahmen in Rekordhöhe. Vielleicht wäre hier ein wenig mehr Bescheidenheit und Respekt vor dem Umgang mit Steuermitteln angesagt. Vor allem ist zu hoffen, dass bei den staatlichen Bauvorhaben diesmal Solidität und Qualität der Bauausführung und nicht Prunksucht im Vordergrund steht, da sonst, wie bei der Unibibliothek oder bei sämtlichen in den 70er Jahren gebauten Schulen, nach wenigen Jahren diese entweder abgerissen oder mit Millionenaufwand saniert werden müssen.
23.12.2013, Herbert Glunz, Oberried

Einfachwohnungen für Hartz-4-Empfänger bauen

Heute kam ich in der Freiburger Herrenstraße vorbei und betrachtete das unbebaute Grundstück des Andlau’schen Hauses. Seit sich die katholische Kirche geniert, darauf ein Haus mit komfortablen, standesgemäßen Wohnungen für die Würdenträger der Herrenstraße zu bauen, ist sie angeblich ratlos, was man ohne Imageverlust damit machen könnte.
Mir kam eine Idee. Man könnte ein Haus errichten mit Wohnungen, deren Zuschnitt, Mietpreis und Größe den Vorgaben des Regalsatzes entsprechen, den die Jobcenter vorschreiben. Dadurch könnten Hartz-4-Empfänger und alleinerziehende Mütter Haus an Haus mit dem Erzbischof und anderen Vertretern der Kirche wohnen. Es würde die Glaubwürdigkeit der Kirche wieder etwas herstellen und ein Signal setzen im Sinn des neuen Papstes.
11.1.2013, Renate Lepach, Freiburg

Chance für den Bau eines Münstermuseums
Dass die Planungen für den Wiederaufbau des Anlauschen Hauses auf Eis gelegt wurden, bedaure ich sehr. Mit dem Neubau des 1944 zerstörten Hauses an der Herrenstraße würde die seitdem als Parkplatz genutzte hässliche Baulücke geschlossen und eine offene Kriegswunde geheilt werden. Die Freiburger Herrenstraße und die Plätze im Bereich des Münsterchors vor der Alten Münsterbauhütte und der Konviktskirche würden räumlich neu gefasst. Eine schon längst fällige städtebauliche Reparatur in einem sehr sensiblen Teil der Altstadt Freiburgs wäre damit vollzogen. (…) Der Bau an der Herrenstraße böte zugleich die Möglichkeit zur Einrichtung eines Münstermuseums, wie es u. a. die Städte Straßburg und Basel besitzen. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Münster und zum Ordinariat entstünde ein Haus, in dem die Baugeschichte des Münsters im Zusammenhang mit anderen Sakralbauten am Oberrhein dokumentiert werden kann. Dies regen auch Ingolf Vereno und Werner Wunderle in ihren Leserbriefen an. Bereits zu Beginn meiner Tätigkeit als Münsterbaumeister im Jahr 1994 hatte auch ich schon die Vorstellung eines Münstermuseum in der Herrenstraße entwickelt. Dabei hatte ich sowohl den Wiederaufbau des Andlau’schen Hauses als auch einen modernen Neubau in Betracht gezogen. Inzwischen haben die Propheten und Wasserspeier im Neubau des Augustinermuseums eine würdige Aufstellung gefunden, die selbstverständlich beibehalten werden soll. Die derzeitige, vielbesuchte Ausstellung „Baustelle Gotik“ im Augustinermuseum zeigt das große Interesse an der Entstehung des Münsters. In einem größeren Münstermuseum wären zum Beispiel auch Reproduktionen der Risse des Freiburger Münsterturms ein wichtiger Bestandteil. Ich appelliere deshalb an alle Beteiligten nachdrücklich, die einmalige Chance für den Bau eines Münstermuseums zu ergreifen und die Planung an der Herrenstraße wieder aufzunehmen

13.1.2014, Manfred Saß, Münsterbaumeister a.D., Freiburg

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