American Dream – Arm/Reich

Durch eigene Arbeit vom Tellerwäscher zum Millionär: nur noch 65% der US-Bürger glauben an „The American Dream“. Gründe: Immer mehr Einkommen wird vererbt, Kluft zwischen Arm und Reich wächst, Einkommen von Kapital bzw. Vermögen wächst stärker als Einkommen von Arbeit, die Entlohnung wird als „ungerecht“ empfunden.Thomas Piketty fordert deshalb eine weltweite Vermögenssteuer.

Die „meritokratische Hoffnung“ schwindet – nicht nur in den USA
Laut Piketty hat sich immer mehr Vermögen an der Spitze der Gesellschaft konzentriert, wodurch immer mehr Reichtum vererbt, nicht aber erarbeitet wird. Erbschaft als leistungsloses Einkommen. Dies wird dazu führen, dass die Bürger das zentrale Versprechen der bürgerlichen Gesellschaft verlieren – die „meritokratische Hoffnung“:
– „Wenn jemand mehr leistet, dann hat er mehr – wenn jemand hat, dann muss er auch mehr geleistet haben“.
– Durch der eigenen Hände Arbeit reich werden.
– Schaffe, spare, Häusle baue.
– The American Dream: Vom Tellerwäscher zum Millionär
– Arbeiten und sparen lohnt immer und für jeden.

Die „meritokratische Hoffnung“ wird von den Bürgern als die zentrale Legitimation für materielle Ungleichheit in der Gesellschaft akzeptiert – es gibt keine andere Rechtfertigung. Die Ungleichheit von Arm und Reich wird akzeptiert, da jeder ja selbst die Chance hat, durch eigene Arbeit und Fleiß selbst reich zu werden. Wenn aber immer mehr vererbt wird, dann verlieren die Menschen den Glauben an dieses Prinzip und das führt zu Unzufriedenheit und Neid. Hiervor warnt Piketty.
Noch glauben die US-Bürger diesem Prinzip – obwohl immer mehr wissen, dass „The American Dream“ für sie eigentlich nicht mehr gilt. Deswegen beginnt der Debatte um den „gerechten Lohn“, wo doch die Höhe des Lohns unter erechtigkeitsgesichtspunkten nicht zu beantworten ist: Warum verdient eine Altenpflegerin weniger als ein Investmentbanker – weil Pflegeheime weniger verdienen als Investmentbanken.

Leistung als Maßstab der Ökonomie liegt weder in der persönlichen Anstrengung des Arbeitenden noch im Ergebnis der Arbeit. Wenn sich jemand wahnsinnig anstrengt, aber sein Produkt nicht verkauft werden kann, dann hat er rein ökonomisch überhaupt nichts geleistet. Denn diese auch als Produktivität benannte Leistung honoriert nicht die Anstrengung des einzelnen Menschen, sondern nur den Erfolg des Unternehmens.

Für den einzelnen kann es durchaus entlastend sein, an die Leistungsgerechtigkeit zu glauben, also daran, dass mit dem Lohn die „Leistung“ gerecht bezahlt wird. Denn dies gaukelt ihm Handlungsfähigkeit vor: Wenn ich mich wirklich anstrenge, dann kann ich es schaffen. Anderseits bleibt ja auch dem Erfolglosesten nichts anderes übrig, als sich eben weiter anzustrengen.
Die Kehrseite hiervon zeigt sich im Sozialdarwinismus: Die bequemen Arbeitslosen, die faulen Griechen. Bemißt sich Einkommen nach Leistung und Leistung nach Anstrengung, dann heißt dies im Umkehrschluß: Ist jemand wirtschaftlich nicht erfolgreich, dann war er faul, dumm oder beides – und als ökonomischer Verlierer hat er sich selbst zu hinterfragen, nicht aber das Wirtschaftssystem. Hier beginnt dann der ökonomische Rassismus: Griechenland ist in der Krise, weil dort weniger gearbeitet wird.

Weltweite Vermögenssteuer als Illusion
Als Lösung des Auseinanderdriftens von Arm und Reich fordert Piketty die Einführung einer progressiven Vermögenssteuer weltweit. Stephan Kaufmann (siehe unten) hält diese Forderung für illusionär: „Aber wer soll die Steuer durchsetzen? Sie bleibt eine Hoffnung, weil sie nur international denkbar ist, mindestens die großen Industriestaaten müssten sich einig sein. Jeder weiß aber, dass dieser Einigkeit der globale Standortwettbewerb um Kapital im Wege steht. Jeder Standort wirbt um die Kapitaleigner der Welt, um deren Kapital für das Wirtschaftswachstum des eigenen Standorts zu funktionalisieren. Deswegen versuchen alle, Investoren möglichst günstige Bedingungen zu bieten und damit stehen alle Staaten in der Konkurrenz. Jetzt kommt Piketty und sagt: Einigt euch doch! Das ist eine prekäre Angelegenheit, denn es wäre eine Kooperation der Konkurrenten. Der Anreiz für jeden Staat auszuscheren, ist viel zu groß, deswegen wird es dazu nicht kommen. Fordern kann man das natürlich trotzdem, da kann man auch nichts dagegen haben, finde ich. Nur: Durchsetzen lässt sich eine solche Forderung nicht allein mit besseren Argumenten. Wer etwas gegen Ungleichheit hat, der muss eben für seine Interessen kämpfen, der muss eine soziale Auseinandersetzung führen.“
11.12.2014
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Gutes, knappes Buch von Kaufmann/Stützle über Pikettys Thesen
Stephan Kaufmann hat gemeinsam mit Ingo Stützle eine Einführung in das jetzt auf Deutsch erschienene Buch geschrieben: „Kapitalismus: Die ersten 200 Jahre Thomas Pikettys ‚Das Kapital im 21. Jahrhundert‘ – Einführung, Debatte, Kritik“. Die beiden Autoren sehen den Erfolg des Werks in einer Verunsicherung des ökonomischen Mainstreams durch die Krise begründet.

Stephan Kaufmann / Ingo Stützle
Kapitalismus: Die ersten 200 Jahre –
Thomas Pikettys »Das Kapital im 21. Jahrhundert« – Einführung, Debatte, Kritik
112 Seiten, 13 Abbildungen, Paperback, 10,5 x 14,8 cm
Artikelnummer 978-3-86505-730-3
Erschienen am 2. Oktober 2014

Ein Gespräch mit Wirtschaftsredakteur Stephan Kaufmann über den Hype um Thomas Pikettys „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, seine Thesen zur zunehmenden Ungleichheit und den Ökonomen als „Herrschaftstechniker“.
https://www.heise.de/tp/artikel/43/43477/

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Pikettys zentrale These: Wachstum des Kapitals r liegt stets über dem Wachstum des Einkommens g
Kapital r und Vermögen setzt Piketty gleich. Einkommen g als Arbeitseinkommen .
Wer Kapital hat, wir immer reicher  wer arbeitet eher nicht.
Zweck des Arbeitseinkommens = Konsum, d.h. es wird alles verbraucht. Zweck des Kapitals = Investition, also Vermehrung des Kapitals. Die Ungleichheit im Wachstum hat also mit der Quelle des Einkommens zu tun.
Die Arbeit generiert demnach Kapitalrendite.

Thomas Piketty: Das Kapital im 21. Jahrhundert, Deutsche Übersetzung Ilse Utz,
Verlag C.H.Beck, 3.12.2014

 

American Dream – nur noch 64% der US-Bürger glauben daran
Immer weniger Amerikaner glauben einer Umfrage zufolge daran, auch persönlich durch harte Arbeit am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben zu können. „Glauben Sie, dass es in diesem Land möglich ist, arm zu beginnen und dann durch harte Arbeit reich zu werden?“, fragt die „New York Times“ immer wieder einmal in ihren regelmäßigen Umfragen – und verzeichnet normalerweise Zustimmungsraten von mindestens 70, manchmal auch über 80 Prozent. Kein Wunder, gilt doch eben jenes Versprechen vom Aufstieg durch eigene Kraft als uramerikanisch. In der vergangenen Woche antworteten jedoch nur noch 64 Prozent der befragten US-Bürger mit „Ja“ . …. Alles vom 11.12.2014 bitte lesen auf
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/american-dream-amerikaner-glauben-nicht-mehr-an-us-mythos-a-1007825.html

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