Alemannisch im Dreiländereck – Veränderung der Regionaldialekte

Freund ist Fründ und Frend und Freind… Hoch-, Höchst- und Niederalemannisch ist immer wieder abgegrenzt worden, von West nach Ost, von Nord nach Süd. Aber wie und was spricht der Alemanne heutzutage wirklich? Spricht er (oder sie) noch so wie es in den Alemannischen Lexika erforscht oder im Südwestdeutschen Sprachatlas vor vierzig Jahren räumlich abgegrenzt wurde? Der Sprachwissenschaftler Philipp Stoeckle (33) von der Uni Freiburg stellte im BZ-Haus Ergebnisse einer Studie vor: „Regionaldialekt im Dreiländereck„. Die Daten stammen aus einer Befragung von rund 220 Personen aus 38 Orten im Gebiet zwischen Herbolzheim im Norden und Bad Säckingen im Süden. Dazu einige Orte am schweizerischen Hochrhein und im elsässischen Frankreich. Seltsamerweise ist die niederalemannische Ortenau nicht dabei und die per Annoncen und Aufrufen in Vereinen gefundenen Personen mussten nicht zwingend alemannisch sprechen können. Ob so ein umfassend recherchiertes Standardwerk aktualisiert werden kann, ist zu hinterfragen, vielleicht wird die Datengrundlage ja noch verbreitert. Jeder Testperson wurden 40 standardisierte Abfragesätze mit insgesamt 66 eingebauten sprachlichen Phänomenen vorgelegt. Bei: „Er hat sich den Kopf angeschlagen“ etwa kam es auf die Aussprache von „hat“ und „Kopf“ an. Het, hot, Chopf, Chupf sind dabei herausgekommen, in anderen Sätzen ging es um Füß“ und Fieß, um Zittig oder Zittung.
Ergebnis: Es gibt grundlegende Unterschiede zwischen dem Elsass und Südbaden und der Schweiz. Am liebsten hören die Alemannen ihren jeweils eigenen Dialekt, am wenigsten Mundart wird in Städten wie Freiburg gesprochen, am meisten im Hotzenwald und in der Schweiz sowieso, im Elsass ist es zum Teil sehr schwierig, überhaupt noch Dialektsprecher zu finden. „Das ist eine schöne Doktorarbeit. Aber etwas wirklich Neues habe ich nicht erfahren“, formulierte Klaus Poppen, „Alt-Präsi“ der Muettersprochgsellschaft wie üblich drastisch seine Enttäuschung, dass über dem Sammeln von Daten und ihrer mathematischen Verarbeitung und grafischen Präsentation hinaus offen bleibt, warum sich Dialekt verändert und weshalb dialektsprachliche Identität in der Schweiz so immens stark geworden und hierzulande rückläufig ist. Oder ging es gar nicht um Dialekt, sondern um Umgangssprache? „Man braucht eine Datengrundlage“, nahm Johanna Regnath, Geschäftsführerin des Vereins Alemannisches Institut Freiburg die Forscher in Schutz, räumte aber ein, dass gesellschaftliche Faktoren – bis hin zur Migration – hinzugezogen werden müssen. Insbesondere bei der Frage, ob der Dialekt das „Dreyeckland“ noch verbindet. Die neue Studie nährt nämlich den Verdacht, dass die Landes- zugleich Sprachgrenzen blieben oder wieder geworden sind.
Heinz Siebold

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