Nationalfeiertag 17. Juni 1953

Bis 1989 war der 17. Juni unser Nationalfeiertag – im Gedenken an den Volksaufstand in der DDR vom 17. Juni 1953. Seit dem Einigungsvertrag vom 31.8.1990 ist der 3. Oktober Nationalfeiertag – im Gedenken an den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. Über 36 Jahre hinweg wurde am 17. Juni an die Werte erinnert, für die die Aufständler in Berlin, Dresden, Leipzig usw. auf die Strasse gingen: für Nation und Freiheit.
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Heute zählt dies alles nicht mehr. Heute wird zum 17. Juni 1953 geschwiegen: In den Medien, in den Schulen, im Parlament, im Kulturbetrieb. Dabei hätte der mutige Aufstand vom 17.6.1953, als sich vornehmlich junge Männer den russischen Panzern entgegen stellten, gerade der jüngeren Generation von Schülern und Studenten so viel zu sagen – als Ansporn im Hinblick auf das nachlassende Freiheitsstreben und als Mahnung im Hinblick auf das sich verbreitende Mitläufertum:

(1) Freiheitsstreben: Die Freiheit im eigenen Land gilt es zu erkämpfen bzw. zu erhalten. „Für die Deutschen in der DDR war das Bekenntnis zur Deutschen Nation stets mit der Hoffnung auf Freiheit durch Wiedervereinigung verbunden“ – so Georg Gafron (der für die Freiheit in DDR-Gefängnissen saß) in seiner beeindruckenden Schilderung „Demokratie und Diktatur“ (siehe hier). „Heute ist das Bekenntnis zum Stolz auf die eigene Nation – im Rest der Welt eine Selbstverständlichkeit – ein sicheres Symptom für rechtsradikale Gesinnung.“
(2) Mitläufertum: Über eine Million Spitzel (Stasi, IMS) waren in der DDR damit beschäftigt, das Verlangen nach Freiheit und Rechtsstaatlichkeit zu brechen. Gleichwohl waren unter den 17 Mio DDR-lern auch viele Menschen, die angepaßt, untertänig, gehorsam, konform und obrigkeitshörig als Mitläufer des sozialistischen Systems lebten.

Exkurs – National ist nicht gleich nationalistisch
Geschichtliche Fakten lassen sich auf nicht auf Dauer verstecken und verschweigen – auch der Freiheitsaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 nicht.
Der 17. Juni verbindet die Idee zur nationalen Einheit bzw. nationalen Gemeinschaft mit der zur Freiheit. Diese nationale Botschaft ist aber nicht überheblich, nationalistisch oder gar „völkisch“ im Sinne einer auf Blutsverwandtschaft gründenden Nationalgemeinschaft. Nein. Der 17. Juni ist eine Einladung an alle, die sich von Herzen an der Zugehörigkeit zu Schwarz-Rot-Gold freuen und dabei den Wunsch haben, in einer Gemeinschaft mit allen anderen Deutschen – ob diese nun indigen oder eingebürgert sind – in Frieden und Freiheit zu leben.
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Wer wird bei der EM-Übertragung im TV nicht ein bißchen neidisch auf die Franzosen, Italiener, Ungarn und Portugiesen geblickt haben, wie sie ihre Nationalmannschaft anfeuern und sich mit ihr und für sie so richtig freuen? Wohingegen unsere deutsche Nationalmannschaft nur noch als „Die Mannschaft“ firmieren darf – ohne „deutsch“ und ohne „national“. Die Entfremdung zwischen „Die Mannschaft“ und dem Publikum scheint groß zu sein, die TV-Einschaltzahlen brechen ein.
Das Diktum „Es gibt keine Demokratie oberhalb der Nation“ bzw. „Eine freiheitlich-demokratische Grundordnung gedeiht nur im Rahmen einer Nation“ wurde bis heute noch nicht widerlegt. Der „Consent of the Governed“ macht auch im Jahr 2021 noch Sinn.

Was geschah am 17. Juni 1953? Die wohl häufigste Antwort von Schülerinnen und Schülern ist ein von den Bildungssystemexperten gewolltes „… keine Ahnung“. Dabei ruft gerade dieser leider gecancelte Nationalfeiertag des 17. Juni in Erinnerung, daß Freiheit im eigenen Land niemals eine Selbstverständlichkeit ist. Freiheit kann auch heute verloren werden, wenn bestimmte Grundrechte plötzlich nicht mehr gelten. Freiheit sollte es auch heute wert bleiben, bewahrt, verteidigt bzw. sogar neu erkämpft zu werden.
17.6.2021

 

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