10 Jahre Smartphone – online

Am 9.11.2007 brachte Apple mit dem iPhone das erste Smartphone in den Verkauf. Die damals 12- bis 15-jährigen Teenager sind heute 22-25 Jahre alt. Was hat das „Immer-online-Sein“ mit den Digital Natives gemacht? Gar nichts? Wo sie zu jeder Zeit an jedem Ort so viel Information abrufen können wie frühere Generationen in ihrem ganzen Leben nicht? Wo Langeweile, Alleinsein und Ungewissheit scheinbar abgeschafft sind?
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Mit dem Smartphone kam nach Buch, TV, … nicht einfach ein neues Medium heraus, es markiert eine Zeitenwende nach Dampfmaschine, Elektrifizierung, … .
95% der deutschen Jugendlichen besitzen ein Smartphone mit Flatrate, bei den zwölfjährigen Kindern sind es zwei Drittel.
Jugendliche sind durchschnittlich mindestens 3 Stunden online, bei den älteren kommen nochmal 3 Stunden offline elektronische Medien wie Spielekonsole hinzu. Hinter dem Spartphone stehen große Informationskonzerne, die alles dafür tun, das das Gerät immer länger „on“ bleibt.
Laut Pisa-Studie leiden 40 % der Fünfzehnjährigen an Nomophobie, d.h. sie fühlen sich schlecht, wenn sie nicht online im Internet sein können.

69% der Studenten nehmen ihr Smartphone mit ans Bett, weitere 16% ins Bett. „Es gibt eine zwingende Evidenz, dass der Nutzen der neuen Digitaltechniken negative Effekte auf Dauer und Qualität des Schlafes hat“, so die Zeitschrift „Percectives on Psychological Science“.

Der Kontakt zu Freunden über das ständige Austauschen von Texten und Bildern wird von Jugendlichen als wichtigstes Argument fürs Smartphone genannt – aber was das Internet gibt (Aufmerksamkeit, Sicherheit, Bestätigung), das nimmt es auch. Die digitale Gemeinschaft erwartet mediale Dauerpräsenz. Posts, News, Likes, Tweets, Uploads usw. beanspruchen Zeit. WhatsAppen und Mathelernen geschieht eben nicht im Multitasking, sondern im Task-Switching.
Für den Medienforscher Klimmt ist das Smartphone ein mächtiger Verstärker, der das Bestehende – im Guten wie im Schlechten – stärkt: Begabte werden schlauer, Traurige depressiver, Schüchterne zurückgezogener, Gesellige beliebter, Demotivierte verzweifelter, Vorlaute dominanter, usw.
Übers Smartphome läßt sich alles nachschlagen – eine große Verlockung, auf Faktenlernen und Faktenwissen zu verzichten, da man es ja bequem rasch googlen kann.
Vermeintlich lang andauerndes, gelangweiltes Aus-dem-Fenster-gucken ist unvereinbar mit dem Smartphone-Besitz. Ist das Handy ein Kreativitätskiller – wie viele Psychologen meinen? Der Hirnforscher Prof Manfred Spitzer (Universität Ulm) kurz und prägnant: „Digitale Medien machen dick, dumm und krank“..

Keine Generation zuvor hat in ihrer Jugendzeit so viele Wüsten durchwandert, Pornos gedownloaded, Erfindungen mitgemacht und Katastrophen gesehen hat wie die Digital Natives. Gibt es noch analoge Erlebnisfähigkeit, wenn man digital bereits alles erlebt hat? Viele Fragen. Ist es nach 10 Jahren Smartphone zu früh, um Vorteile und Nachteile der digitalen Dauerpräsenz gegeneinander abwägen zu können?

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