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Sonnenblumen und Vezelia im Dreisamtal bei Freiburg am 3.10.2016

Sonnenblumen und Vezelia im Dreisamtal bei Freiburg am 3.10.2016

 

Vor lauter Konsum und Konsummöglichkeiten haben wir keine Zeit mehr

 

 

 

Wachstumskritiker Nico Paech: Zeitmangel größer als Geldmangel

Der 56-jährige Volkswirt war bis 2016 Professor an der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg. Er gilt als wichtiger Vertreter der Postwachstumsökonomie. Diesen Begriff hat er selbst in seinem Werk „Befreiung vom Überfluss“ geprägt. Damit meint Paech ein Wirtschaftssystem, das nicht weiter auf Wachstum, sondern auf Wachstumsrücknahme setzt, um die natürlichen Ressourcen zu schonen.
Der Wachstumskitiker Nico Paech hat seine Professorenstelle an der Universität Oldenburg Ende 2016 verloren.
Gleichwohl: In der „Thought Leaders“-Liste der weltweit einflußreichen Köpfe, die vom Gottlieb Duttwiler Institut geführt wird, erscheint Nico Paech in 2015 auf Platz 18 – vor Ökonomen wie Hans-Werner Sinn und Thomas Straubhaar.
Anfang 2017 ist Paech Lehrer an einer Odenwald-Schule.

Nico Paech wandte sich gegen die neoklassische, extrem mathematisierte und deshalb zuweilen weltfremd erscheinende Volkswirtschaftslehre. Laut einer Untersuchung des Forschungsinstituts für gesellschaftliche Weiterentwicklung vertreten nur 4% der deutschen Ökonomiedozenten einen Ansatz, der radikal vom neoklassischen Mainstream abweicht.
„Für die einen, die sich nach einer Alternative zum Immer-mehr-Kapitalismus sehnen, ist Nico Paech eine Ikone, weil er vordenkt, wie eine Welt ohne Wirtschaftswachstum funktionieren könnte; mit Menschen, die nur 20 Stunden in der Woche arbeiten, die weniger konsumieren, ihre Lebensmittel selbst anbauen, und kaum noch reisen. … Für viele klasische Ökonomen ist Paech dagegen ein Spinner“ …. Alles zu „Der Verstoßene“, DIE ZEIT vom 9.3.2017, Seite 28

Nach der Finanzkrise, die keine Wirtschaftstheorie voraussah, sagte der US-Notenbankpräsident Alan Greenspan: „Das ganze intellektuelle Gedankengebäude ist mit der Krise in sich zusammengestürtzt.“
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Dieses Sachbuch hat Paech bekannt gemacht:
Niko Paech: Befreiung vom Überfluss

Auf dem Weg in die Postwachstumstheorie
Oekom Verlag 2012, 6.Aufl. 2016
ISBN 978-3–86581-181-3

„Es bringt nichts, im Biosupermarkt einzukaufen und dann in den SUV zu steigen.“
Rebound-Effekt: „Wenn Auto sparsamer werden, aber auch größer, schwerer und leistungsstärker, bleibt der Nutzen für die Umwelt gering.“

Der Konsum frißt die Zeit auf

Zitat 1: Von Konsum- zur Könnensgesellschaft
„Wir müssten von einer Konsum- zu einer Könnensgesellschaft werden, in der Handlungen, die überhaupt nichts mit Konsum zu tun haben, sinnstiftend werden. Handwerkliche und künstlerische Kompetenz könnte dabei zur Basis für soziale Zugehörigkeit werden. Das Verrückte ist Folgendes: Je weniger wir in der Lage sind, durch andere Dinge als Konsum unsere gesellschaftliche Position zum Vorschein zu bringen, desto wichtiger wird Konsum und umso mehr verdrängt er andere Praktiken, durch die wir uns selbst finden oder eine Identität erlangen könnten. Denn er frisst die für alternative Handlungen nötige Zeit auf.“
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Zitat 2: Das irdische Nullsummenspiel
„Es gibt nur begrenzte Räume und Ressourcen. Daraus folgt, dass jeder Einzelne nur ein bestimmtes Quantum an Ökosphäre nutzen kann, ohne über seine Verhältnisse zu leben. Das hat schon Immanuel Kant in seiner „Schrift zum Ewigen Frieden“ angesprochen: Gerechtigkeit findet nicht zwischen Staaten, sondern nur zwischen Menschen statt: Was ich zu viel nehme, muss jemand anderem fehlen. Das ist die unüberwindbare Logik des irdischen Nullsummenspiels.“
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Zitat 3: Klimaschutz first
„Der Klimaschutz markiert die wichtigste ökologische Grenze. Wenn wir die Zwei-Grad-Grenze nicht einhalten, werden wir dauerhaft keine Lebensgrundlagen auf diesem Planeten haben. Die Konsequenz versteht jedes Kind: Das mit dem Zwei-Grad-Ziel zu vereinbarende CO2-Budget müsste auf alle Menschen verteilt werden. Dann dürfte jede Person durch Mobilität und Konsum pro Jahr ungefähr 2,5 Tonnen CO2-Emissionen verursachen.“
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Zitat 4: Ökos mit Ökologischem Rucksack
„Die Menschen, welche über die höchste Bildung verfügen, sich zuweilen für ökologisch aufgeklärt halten, sind in den Bioläden anzutreffen, kaufen mit hoher Wahrscheinlichkeit Ökostrom und bestellen bei Hess-Natur oder Manufactum. Aber es sind eben auch die Personen, die aufgrund ihrer Bildung das meiste Geld verdienen und besonders global orientiert sind, also häufig fliegen. Ob jemand verantwortungsvoll gelebt hat, hängt von der Zahl seiner Flugreisen ab. Somit können wir nicht ausschließen, dass jene, die sich mit den meisten ökologischen Symbolen schmücken, unter dem Strich diejenigen sind, die den verheerendsten ökologischen Rucksack rumschleppen.“

Das Interview mit Nico Paech vom 27.2.2017 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/umwelt-natur/warum-verzicht-ein-gewinn-sein-kann–133964563.html

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