Islam-Gelehrtenrat Aufklaerung

Der Schriftsteller Zafer Senocak fordert die Einrichtung eines Gelehrtenrats zur Erneuerung des Islam. „Deutschland ist Aufklärungszentrum“ mit Verweis auf Kant – deshalb solle der Rat der muslimischen Gelehrten hier seinen Sitz haben. Eine Ehre. Senocak sieht den Islam als „formalistische Religion, die Islamisten Tür und Tor öffnet“ und beklagt den fehlenden Diskurs unter Muslimen selbst bzw. in den islamischen Gemeinden.
Während Aiman Mazyek vom Deutschen Islamrat ganz im Sinne des opferrollen-orientierten Islams Ursachen und Schuld am Vordringen der Salafisten eher bei den Anderen (Nichtmuslime, Medien, Staat) sucht, spricht Senocak die Muslime selbst an: Es sei Zeichen von „Gedankenfaulheit“ der Muslime, wenn jegliche intellektuellen Diskurse und Reformansätze wie z.B. die Ausbildung von Imamen mit „Allah als Gott der Barmherzigkeit“ von Khorchide oder das „Berliner Modell“ umgehend als nichtkonform mit dem Koran bekämpft werden.
Orthodoxe und Fundamental-Radikale gibt es in allen Religionen, aber nur im Islam wird diesen reichlich Nährboden geboten. Drei grundlegende Fragen sind im Islam ungelöst:
a) Das Verhältnis zu orthodoxen und radikalislamischen Strömungen, wie dem Salafismus.
b) Das Verhältnis zu Andersgläubigen und Ungläubigen.
c) Das Verhältnis zu Frauen.
Allein mit den Imamen, die als Vorbeter den traditionell ausgelegten Koran traditionell rezipieren, lassen sich diese Fragen nicht angehen. Und wenn nur 30% der Freitagsansprachen der Imame  ins Deutsche übersetzt werden, könne dies Argwohn begünstigen: Also doch alles Hassprediger? Wenn 9 von 10 Deutschen mit dem Islam die Unterdrückung von Frauen und Gewalt assoziieren (Allensbach, August 2014), dann sei dies kein Zeichen von Islamophobie, sondern dem „erbärmlichen Zustand des Islam“ selbst geschuldet.  „Wir lösen nichts ohne geistig-intellektuelle Überzeugung“, aber „es gibt keinen anerkannten islamischen Gelehrten, der die Offenbarung im Islam erklärt.“ Deshalb die eindringliche Forderung von Senocak: „Wir brauchen einen Gelehrtenrat“ und diesen Islam-Gelehrtenrat verortet er in Deutschland als dem Aufklärungszentrum schlechthin (Kant). Eigentlich sollte man diesen Vorschlag eines renommierten Schriftstellers mit türkischen Wurzeln als besonders ehrenwert begrüßen und unterstützen.

West Art Talk am 28.9.2014 um 11 Uhr „Der Islam – eine Religion unter Generalverdacht?
https://www1.wdr.de/mediathek/videozafersenocakschriftstellerundpublizist100_size-L.html?autostart=true

Zafer Senocak erkennt in Deutschland keine antiislamischen Tendenzen. Im Gegenteil: Der Islam wurde mit seiner Kunst, Religiosität und Kultur stets als Bereicherung und Fascinosum begriffen und bewundert. Was vielen Deutschen derzeit zu Recht Angst macht, ist die Tatsache, wie leicht sich Gewalt und fundamentale Radikalität mit der gültigen Auslegung des Koran begründen läßt. – genau dies lassen die islamischen Schriftgelehrten derzeit zu, so der Vorwurf von Senocak. Leider können sich die Islam-Gelehrten z.B. nicht durchringen, Selbstmordattentate als grundsätzlich (also unabhängig davon, ob hierbei 60 Unbeteiligte zu Tode kommen oder nicht) nicht korankonform abzulehnen. Aber dazu bedarf es eines Allah als barmherzigen – und nicht primär strafenden – Gott, der einem aufgeklärt vernünftiger Muslim Halt gibt. Mouhanad Khorchide (Universität Münster) hat herausgefunden und wissenschaftlich belegt, dass Allah in den Suren des Koran am häufigsten mit der Kategirie der Barmherzigkeit in Verbindung gebracht wird. Und auf einen solchen Allah kann sich kein salafistischer Gewalttäter berufen.
30.9.2014
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Parallelgesellschaften?
In seinem Buch „Deutschsein – eine Aufklärungsschrift“ denkt Zafer Senocak, ein Deutscher, der als Türke in der Türkei geboren wurde, ein Einwandererkind mit Türkisch als Muttersprache, zugleich ein mit vielen Preisen bedachter deutscher Poet und Essayist, darüber nach, was Deutsch sein könnte. „Die Frage der Integration ist auf Gedeih und Verderb mit der Frage nach dem Deutschsein verknüpft“. Jörg Lau nennt Deutschsein ein poetisches, grübelndes, hochpolitisches Buch. Darin geht Senocak auch auf die Parallelgesellschaften ein, die vielen als Provokation gesehen und als besonders gefährlich abgelehnt werden:
„Wahrscheinlich lösen die gemischten, multikulturellen und multinationalen Gesellschaften bei vielen Einheimischen Gefühle der Unbehaustheit aus. Bei Einwanderern ist das nicht nur ein Gefühl, es ist gelebte Realität, da sie ihr Land verlassen haben, um in einem fremden Land Wurzeln zu schlagen. Nicht wenige treten dem Gefühl der Obdachlosigkeit dadurch entgegen, dass sie sich Räume schaffen, die ihnen Kontinuität und Wiedererkennung versprechen. So entstehen sogenannte Parallelgesellschaften, die nur dann als problematisch anzusehen sind, wenn sie undurchlässig werden. Parallelgesellschaften als Orte des Übergangs gibt es dagegen in jedem Einwanderungsland. Sie sind elementar notwendig, um das Einleben in einem fremden Land zu erleichtern, ja überhaupt erst möglich zu machen.“ (Deutschsein, Seite 37).
Mehr auf https://blog.initiativgruppe.de/2012/09/26/deutschsein-mit-zafer-senocak/

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