Theologie der Gewalt – IS – Islam

„Müssen wir den Islam fürchten? Ja. Gerade, wenn wir Muslime sind. Denn wir erleben eine neue Dimension des globalen Dschihad, eine Entfesselung der radikalsten Kräfte des Islams. … wer die weltweit grassierende Theologie der Gewalt besiegen will,  sollte zugeben: Sie hat mit dem Islam zu tun.“ Hamed Abdel-Samad richtet diese eindringlichen Worte an all die Gutmenschen, die zum IS schweigen und beschönigen aus Angst, den Islam zu diskriminieren.

In seinem Beitrag „Die neuen Religionskriege“ (Die Zeit vom 18.9.2014, Seite 60) erklärt Abdel-Samad die Ausbreitung der Theologie der Gewalt durch den ‚Islamischen Staat“ IS nicht nur als Bedrohung des Westens, sondern der Mehrheit friedlicher Muslime:
(1) Nachdem die Arabellion mit dem Versprechen von Freiheit und Demokratie in Nahost gescheitert ist, verspüren viele vor allem junge Muslime eine Ohnmacht, die sie den Milizen des IS zutreibt.
(2) Das religiöse Gesetz ist das oberste Gesetz. Da dies nicht nur von Islamisten, sondern von vielen frommen Muslimen akzeptiert wird, kann IS mit nur wenigen tausend Kämpfern auch Millionenstädte wie etwa Mossul erobern.
(3) Kommen Islamisten an die Macht, entsteht eine islamische Diktatur (Iran, Afghanistan, Sudan, …). Wird sie an der Macht gehindert, dann verwandelt sie sich in eine Terrororganisation.
(4) Auf die westliche Globalisierung gibt es drei unterschiedliche Reaktionen: Die Araber waren reaktiv, die Asiaten kreativ und die Afrikaner passiv.
(5) China und der Westen beuten die Ressourcen Afrikas aus. Die passiven Afrikaner protestieren nicht. Nur der Islamismus nimmt den stummen Zorn der Afrikaner auf – Beispiel Boko Haram.
(6) Müssen wir uns vor dem Islam fürchten? In der Feindschaft zwischen Sunna und Schia liegt die Chance, dass sie nicht mit vereinten Kräften noch größeres Unheil anrichten. Doch diese Uneinigkeit birgt auch die Gefahr, sie immer schwerer bekämpfen zu können.
(7) Zwei Drittel aller Muslime sind unter 30 Jahre alt. Ihre Arbeitslosigkeit lassen die jungen Männer in den radikalen Islam flüchten.
(8) Die Aufklärung hat den Menschen von der Vorstellung eines strafenden Gottes befreit – kritisches Denken tritt an die Stelle von Unterwürfigkeit. Konservative Muslime unterwerfen sich einem strafenden Gott – Sinn des Lebens ist, diesem Gott in Unmündigkeit zu dienen. Die wörtliche Übersetzung von „Islam“ ist „Unterwerfung“. Wer wie der Münsteraner Theologe Khorchide Ideen der Aufklärung in einen modernen Islam einarbeiten will, wird bekämpft.

Hamed Abdel-Samad sieht die gläubigen Muslime in der Pflicht: Muslime „müssen sich auch selbst von der Theologie der Gewalt emanzipieren. Der Faschismus wäre niemals besiegt worden, wenn die Deutschen darauf bestanden hätten, dass nur Hitler und seine Schergen böse waren, ihre Rassenlehre aber in Ordnung war. Jetzt sind alle Muslime gefragt, sich von autoritären Denkweisen des Islams zu emanzipieren.“
19.9.2014

Anders als der Ägypter Abdel-Samad wendet sich der bekannte US-Publizist Paul Berman in „Die Verlockung des Totalitären“ (Die Zeit, 18.9.2014, Seite 61) an die westlichen Intellektuellen, die zu lange die islamistische Gedankenwelt ignoriert haben.
(1) Berman sieht den Islamismus als dritten großen Totalitarismus an, der auf den Kommunismus und den Faschismus folgt. Wie seine Vorgänger betreibt auch der Islamismus einen öffentlichen Kult des Todes.
(2) Literaten in USA wie Europa widersetzen sich mutlos und aus Angst einer ernsthaften Debatte über den Islam. „Wer heute sagt, dass der Islamismus aus dem Islam kommt, gegen den erhebt sich sofort ein Chor wütender Kritiker und zeiht ihn der Islamfeindlichkeit. Die Kritik am Islam als Religion gilt als irrational, mittelalterlich und bigott. Auch wer sagt, dass das islamistische Denken der nicht islamischen Tradition der Nazis und der Ultra-Rechten Europas gleicht, wird ebenfalls als Islamfeind beschimpft.“
(3) Charlie Chaplin verspottete Hitler in seinem Film „Der große Diktator“ und bekam Beifall. Salman Rushdie verspottete den Ajatollah Chomeini in den „Satanischen Versen“ und erntete eine Fatwa. „Niemand wird es wagen, einen Roman zu schreiben, der den des Islamistischen Staates Abu Bakr al-Baghdadi lächerlich macht. Und falls doch, werden die Verlage sich weigern, ihn zu drucken, und diese Weigerung mit Toleranz begründen: Man wolle den Islam nicht diskriminieren.“
(4) Terrorismus ist auch eine intellektuelle Waffe. Er sollte den Widerstand der Nachdenklichen herausfordern.

 

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