Spanische Pfleger Rabenkopf

Spanische Pflegekräfte machen im Wohnstift ein Praktikum und hoffen auf einen Job.  Beim Wohnstift in der Rabenkopfstraße absolvieren im Rahmen eines Pflegestudiums derzeit vier Spanier ein berufliches Praktikum. Sollten sie die Abschlussprüfung in ihrem Heimatland schaffen, dann winkt ihnen eine Festanstellung in der Freiburger Wohn- und Pflegeeinrichtung.

Immer mehr Pflegeeinrichtungen suchen geradezu händeringend qualifiziertes Personal. Angesichts eines leergefegten Arbeitsmarktes sind etliche Einrichtungen mittlerweile dazu übergegangen, neue Wege bei der Suche nach Mitarbeitern zu beschreiten. Für Direktorin Cornelia Adam und Pflegedienstleiterin Roswitha Lichtenstein-Kluthe war es vor allem die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt, die sie veranlasst haben, sich in Spanien nach geeignetem Personal umzuschauen. Erschütternd sei, so Adam, dass in Spanien die Quote der Jugendarbeitslosigkeit auf mittlerweile 53 Prozent geklettert sei. Da es gleichzeitig immer schwieriger werde, vor Ort geeignetes Personal für den Schichtdienst im Pflegeheim zu finden, habe man die eigentlich naheliegende Möglichkeit beim Schopfe gepackt, sich gezielt in Spanien um Pflegekräfte zu bemühen. Unterstützt wurden sie bei der Bewerberauswahl in der kooperierenden Madrider Rey Juan Carlos Universität von Nuria Coll, die als sprachbegabte Begleiterin maßgeblich am Zustandekommen des Projekts beteiligt ist.

Die examinierte Krankenschwester mit abgeschlossenem Pflegemanagement-Studium besitzt die spanische Staatsangehörigkeit – und wohnt seit Jahren mit ihrer Familie in Kirchzarten. Während des Praktikums kümmert sie sich unter anderem darum, dass sich die vier jungen Spanier während ihres Aufenthalts an der Dreisam wohl fühlen. Flugkosten, Kost und Logis sowie ein kleines Taschengeld für die vier Praktikantinnen und Praktikanten hat das Wohnstift übernommen. Vor allem sprachliche Schwierigkeiten sind es, die dem Berufsnachwuchs bisher zu schaffen macht. Um dies zu ändern, wird nachmittags Deutsch gelernt. Der alltägliche Umgang mit den Pflegebedürftigen klappe schon ganz gut, sagt Adrian Sanchez. Die Kommunikation mit den Heimbewohnern finde vor allem auf der non-verbalen Ebene ab. Voll des Lobes über das Engagement der jungen Arbeitskräfte ist Lichtenstein-Klute. „Alle vier sind offen, neugierig, lernbereit und dem Neuen zugewandt“. Beabsichtigt sei eine Festanstellung, sobald das Studium erfolgreich abgeschlossen wurde – und die sprachlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. In ihrem Heimatland könne sie mit keinem adäquaten Arbeitsplatz rechnen, meint Lidia Sanz. Es gebe, „wenn überhaupt“, lediglich äußerst schlecht bezahlte und zeitlich befristete Arbeitsplätze. Der 20-jährige F. Javier Fernandez weist darauf hin, dass er nicht bereit sei, jahrelang zu warten, bis sich möglicherweise irgendwo im Land eine feste Anstellung ergebe. „Wir leben jetzt. Ohne Job ’rumhängen ist eine frustrierende Alternative, der wir aus dem Weg gehen möchten.“
Für Laura Menendez ist es besonders wichtig, dass der deutsche Arbeitgeber die Professionalität der spanischen Pflegefachkräfte würdigt. Dass sich die sozialpolitischen Probleme hierzulande nicht mit denen in ihrem Heimatland vergleichen lassen, macht das Quartett im Gespräch deutlich. In Spanien gebe es keine Pflegeversicherung. Andererseits sei die Familie dort – anders als in Deutschland – nach wie vor ein wichtiger Rückhalt, wenn es um die praktische Unterstützung von Senioren oder Kranken gehe.
20.8.2013, Andreas Peikert
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