2020 Jahr der EU-Transferunion

2020 ist nicht Corona-Jahr, sondern Transferunion-Jahr: Gemeinsame Schulden und damit Euro-Bonds ähnliche Schulden markieren den Eintritt in eine EU als Schulden- und Transferunion. Dabei dienen angebliche Corona-Hilfen nur als Vorwand, wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble offen und ehrlich zugibt: „Die Corona-Krise ist eine große Chance. Wir können die Wirtschafts- und Finanzunion, die wir politisch bisher nicht zustande gebracht haben, jetzt hinbekommen“ (20.8.2020, Neue Westfälische). Und angesichts des 750-Mrd-Kredits spricht Bundesfinanzminister Olaf Scholz vom „Fortschritt, der sich nicht mehr zurückdrehen läßt. … die vielleicht größten Veränderungen seit Einführung des Euro.“

1) Am 23.7.2020 haben Merkel und Macron den “Corona Recovery Fund” über 750 Mrd Euro bzw. 750.000.000.000 Euro beschlossen – schuldenfinanziert. Den Namen „Corona Wiederaufbaufonds“ bezeichnet Prof Hans-Werner Sinn als „Etikettenschwindel“, denn es geht nicht um Corona, sondern schlicht um Stützung von Banken und Südländern aufgrund verfehlter Wirtschaftspolitik aus langen Vor-Corona-Zeiten.
2) Die Bilanz der Europäischen Zentralbank EZB wächst 2020 auf unvorstellbare sieben Billionen Euro an. Die EZB druckt also mehr Geld als beim Höhepunkt der Euro-Krise.
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3) Die Target-Forderungen der Deutschen Bundesbank überstiegen 2020 die stolze Marke einer Billion Euro bzw. 1.000 Milliarden Euro. Target als Überziehungskredit beinhaltet in Kurzform „Deutsche Warenexporte an EU-Südländer, finanziert durch die Deutschen selbst.“
4) 2020 verliert der Euro durch die Nullzinsen in Folge massiver Verschuldung seine Funktion als Währung zur Wertaufbewahrung (Sparen, Altersvorsorge), übrig bleibt seine Funktion als Zahlmittel.
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5) 2020 wurden die Maastricht-Verträge von 12/1991, nach denen
a) die Verschuldung der EU-Staaten 60% des Bruttosozialproduktes nicht überschreiten darf, b) kein Staat für die Schulden eines anderen Eu-Staates haften muß und
c) die EZB keinen maroden EU-Staat durch Gelddrucken beistehen darf,
endgültig begraben. Damit stellen sich die bei der Einführung des Euro abgegebenen Versprechungen endgültig als Lüge heraus.
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Der Versuch, die Euro-Zone als EU-Transferunion durch immer mehr und immer neue Schulden zu sanieren, wird scheitern. Spätestens dann, wenn auch zur Bezahlung der Zinsen frisches Geld benötigt wird, das die EZB nicht mehr drucken kann.
18.9.2020
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Ja, wir haben verloren
Merkels letzter Streich: Der Marsch in den Geldsozialismus wird unumkehrbar
… Am 24. August titelte die „Frankfurter Allgemeine“: „Scholz bringt CDU gegen sich auf“. Das Blatt zitierte Eckhardt Rehberg, den haushaltspolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, mit der Beteuerung: „Mit uns jedenfalls sind keine gemeinsamen Schulden zu machen und auch keine Eurobonds.“ Wovon sprach der Mann? Was er ablehnte, war doch gerade eben erst vereinbart worden.
„Um die deutschen Ängste vor dem vereinigten Europa zu beschreiben“, kommentierte die „Neue Zürcher“ am 25. Juli, „genügt ein einziges Wort: Zahlmeister.“ Um die Ängste zu zerstreuen, wird eingenebelt und ein guter Zweck vorgetäuscht: europäische Solidarität, Hilfe für die Corona-geschädigten Länder. Das klingt gut, vor allem in deutschen Ohren. Auf Französisch bedeutet „solidarité“ juristisch nichts anderes als „kollektive Haftung“.
Die EU-Kommission brauchte einige Zeit, um die passende Worthülse zu finden. Zuerst war von einem „Marshall-Plan“ die Rede, dann von einem „Wiederaufbaupakt“, obwohl nichts zerstört war wie 1945, dann auch von einem Wiederherstellungsfonds oder von einem Erholungsfonds und schließlich von einem Aufbaufonds. Nur wird der nicht vor 2021 bereitstehen. Und er wird sich, wenn überhaupt, erst 2022 wirtschaftlich auswirken.

Wenn die Billion die Milliarde ablöst, hat der Gläubiger ein Problem
Außerdem weiß bisher niemand, wofür das Geld genau ausgegeben werden und was es bewirken soll. Fest steht nur, dass Ursula von der Leyen und ihre EU-Kommission einen neuen Machtzuwachs verbuchen können. Sie sind schon dabei, zwecks Verteilung der Gelder eine Task-Force mit zwei neuen Direktoraten zu gründen und dafür mehr Beamte einzustellen. Dafür wird mehr Personal benötigt als für die Brexit-Verhandlungen.
In Wahrheit wird die in Nord und Süd, in Ost und West gespaltene EU nur noch durch das Geld zusammengehalten. Wenn wir die genannten 750 Milliarden, die mehr als 1.000 Milliarden an deutschen Target-Forderungen und die EZB-Billionen zusammenrechnen, wird die versteckte Absicht deutlich: Mit der Einbindung Deutschlands als Hauptgläubiger und als Zahlmeister der letzten Instanz steigen zugleich die Kosten eines deutschen Austritts aus der Euro-Zone oder der EU. Wenn die Billion die Milliarde ablöst, bestimmen die Schuldner die Regeln des Spiels.
Zur Wahrheit gehört auch, dass sich bei Ausbruch der Epidemie im ersten Quartal die internationalen Kreditgeber weigerten, auslaufende Kredite für die südeuropäischen Staaten zu verlängern. Sie verlangten ihre Rückzahlung. Die EZB und dann die EU mussten sicherstellen, dass den Südeuropäern das Geld nicht ausging – und das taten sie auch. Schon vor Corona hatten Italien und Frankreich fast ultimativ die Einführung von Eurobonds von der Bundesregierung gefordert.
Warum? Weil die Finanzkrise von 2008 und die Eurokrise von 2010 nie bewältigt wurden. Sie schwelten weiter. Schon 2019, also vor Corona, produzierte die italienische Industrie 19 Prozent weniger als 2007 und die spanische 21 Prozent weniger. 2020 wird es ein ungefähres Drittel weniger sein. Nach der Krise ist vor der Krise, und jede wird mit dem Mittel bekämpft, das sie verursacht hat: zu hohe Schulden.
Die Euro-Zone kann nicht mehr saniert werden, auch nicht mit Geld, weil Volkswirtschaften, die nicht zusammenpassen, in ein Korsett gezwungen wurden, in eine am Reißbrett entworfene Kunstwährung. Wenn eines Tages auch der Nettozahler Deutschland seine Kreditwürdigkeit einbüßt, nicht mehr zahlen kann oder will, geht das Spiel zu Ende. Kritisch wird es schon, wenn die verdrängten Probleme Frankreichs ans Licht kommen. Ende 2019 waren Staat und Unternehmen in Italien mit 200 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung verschuldet, Frankreich hingegen mit extrem hohen 300 Prozent. In absoluten Zahlen gemessen wird die französische Staatsverschuldung demnächst die italienische einholen.
Im Grunde versuchen Merkel und Macron, Lagarde und von der Leyen, den sogenannten „Minsky-Moment“ hinauszuschieben. Das Phänomen wurde vor 30 Jahren von dem Ökonomen Hyman P. Minsky beschrieben. Am Anfang der Kette nehmen Staat und Unternehmen Kredite auf, die noch aus Steuern und Einkommen zurückgezahlt werden. In der zweiten Phase werden alte Schulden beglichen, indem neue gemacht werden. Und schließlich können auch die Zinsen nur noch mit frischem Geld bezahlt werden. Ist das nicht mehr aufzutreiben, folgen Absturz und Ruin.

Die Euro-Gegner haben nichts verhindern können und doch recht bekommen
Damit es nie so weit kommen würde, setzte Deutschland vor drei Jahrzehnten im Vertrag von Maastricht durch, dass die Staatsverschuldung der künftigen Euro-Mitglieder auf 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beschränkt bleibt, dass niemand für die Schulden des anderen haftet und dass die EZB keine Regierungen finanzieren darf, indem sie Geld druckt. So und nicht anders wurde der Euro den Deutschen verkauft. Am 2. Dezember 1992 beschloss und versprach auch der Deutsche Bundestag, er werde sich „jedem Versuch widersetzen, die Stabilitätskriterien aufzuweichen“.
Jetzt sind sie mehr als aufgeweicht, sie sind begraben und vergessen. Wie auch der Beschluss des Berliner CDU-Parteitags vom 26. Februar 2018 mit der Garantie, dass es niemals eine Transferunion in Europa geben werde: „Wir erteilen jeder Vergemeinschaftung von Schulden und Haftungsrisiken eine klare Absage.“ Versprochen, gebrochen, schon nach zwei Jahren.
Diejenigen, die den Euro von Anfang an als Fehlkonstruktion durchschauten, die aufgeklärt und gewarnt haben, die vor das Bundesverfassungsgericht gezogen sind und politischen Widerstand organisiert haben – sie müssen sich jetzt eingestehen, dass sie verloren haben.
Das waren Professoren wie Joachim Starbatty und Karl Albrecht Schachtschneider, nicht zu vergessen die Verstorbenen Wilhelm Hankel und Wilhelm Nölling. Das waren unangepasste Politiker wie Peter Gauweiler und Manfred Brunner, der 1994 den Bund Freier Bürger gründete, um den Euro zu verhindern. Oder auch Bernd Lucke, der 2013 mit der Alternative für Deutschland die Parteienlandschaft aufmischte.
Sie haben mit ihren Warnungen recht bekommen und sind doch an den Machtverhältnissen gescheitert. Die Oligarchie war stärker, die Demokratie zu schwach, die zur Ader Gelassenen haben sich nicht genug gewehrt. Jetzt liegen vor uns Jahre der Nullzinsen, der Aufschuldung, der schleichenden Enteignung, der Stagflation, Geldmengeninflation und der Dauersubventionen, die an der wirtschaftlichen Lage Südeuropas nichts ändern werden. Bis sich dann doch herausstellen wird, dass keine Transferunion groß genug sein kann, um den Euro zu retten.
… Alles von Bruno Bandulet zu „Ja, wir haben verloren“ bitte lesen auf „Eigentümlich frei“, Okt. 2020, Seite 8 und 9. https://www.ef-magazin.de
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Dr. Bruno Bandulet, Jahrgang 1942, ist Verleger, Journalist, Buchautor und Gold-Experte.
Im Jahr 2014 wurde ihm die Roland-Baader-Auszeichnung verliehen.

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